Situation am russischen Arbeitsmarkt

Russland Wirtschaft

Änderungen erst im zweiten Vierteljahr 2015

Nach Einschätzungen des Ministeriums für Arbeit sowie der Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitsgeber bleibt die Situation am russischen Arbeitsmarkt vorläufig stabil. Änderungen werden allerdings im zweiten Vierteljahr 2015 erwartet.

Im Dezember 2014 ist die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vormonat um 37.000 Menschen bzw. um 0,1 Prozentpunkte auf 4 Millionen Menschen gestiegen. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 5,3 %. Im Januar 2015 hat sich die Situation auch vor dem Hintergrund der Feiertage nicht geändert. Viele Unternehmen senken die Personalkosten zunächst durch einen Verzicht auf Neueinstellungen.

Für die trotz der Wirtschaftskrise nur geringe Steigerung der Arbeitslosenzahl sehen russische Arbeitsmarktexperte zwei mögliche Gründe: Zum einen könnte es sein, dass der starken Anstieg lediglich verschoben ist. Es gab bis jetzt weder in der Industrie noch im öffentlichen Dienst Wellen von Entlastungen oder Umstrukturierungen. Deswegen ist eine große Steigerung der Arbeitslosenzahl in einigen Monaten zu erwarten.

Zum anderen könnte sich das Szenario der Krise 2008-2009 mit einem inoffiziellen Verbot von Massenentlastungen wiederholen. Dies führt zur Anwendung von anderen „weichen“ Methoden der Personalkostenreduzierung. Es erfolgten Abstriche beim Lohn, der Übergang in eine Teilzeitbeschäftigung wurde nahegelegt wie auch die Gewährung von unbezahltem Urlaub.

Während der Krise 2008-2009 betrug die Zahl der latent Arbeitslosen 1,35 Millionen Menschen. Jetzt wird erwartet, dass diese Zahl 1,5 Millionen erreicht. Soziale Einbußen werden daher bis zu 10 % der wirtschaftaktiven Bevölkerung erleben. In der Gefahrzone sind insbesondere Verkaufsmanager, Fachläute für den Vertrieb, verschiedene Büroangestellte.

Nach Einschätzung der russischen Regierung soll die Arbeitslosenquote im Jahr 2015 auf 6 % (+1,4 Millionen Menschen) steigen. Die latente Arbeitslosenzahl schätzt die Regierung nicht.

 

Arbeitsmarkt und Migranten

Noch ein Aspekt, der für die Situation am russischen Arbeitsmarkt eine nicht unerhebliche Rolle spielen wird, ist die Abwanderung von ausländischen Arbeitnehmern. Es handelt sich vor allem um Arbeitnehmer aus den Republiken der Ex-UdSSR (Ukraine, Moldawien, Kirgisien, Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan).

Nach der Abwertung des Rubels und der Änderung der Migrationsgesetze zum 1.1.2015 haben russische Unternehmen vor allem in Logistik, Reinigung, Produktion, Baubranche, Wohn- und Kommunalwirtschaft u.s.w. bis zu 30 % der Mitarbeiter-Migranten verloren.

Nach Angaben des Föderalen Migrationsdiensts sind im Januar 2015 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 70 % weniger Ausländer nach Russland gekommen. Die Reise nach Russland zur Arbeit wurde komplizierter und für viele unrentabel.

Um in Russland arbeiten zu dürfen, brauchen die Arbeitnehmer aus den postsowjetischen Staaten seit dem 1.1.2015 den Reisepass, die Arbeitserlaubnis (die Erlaubnis kostet 4000 Rubel monatlich bzw. ca. 50 Euro) und einen Krankenversicherungspolice (5.500 Rubel bzw. ca. 70 Euro). Sie müssen zudem einen Sprachtest (3.500 Rubel bzw. ca. 45 Euro) sowie einen Test für russische Geschichte und Kultur (3.000 Rubel bzw. 37 Euro) bestehen.

Wegen der Abwertung des Rubels sind außerdem Überweisungen vom Arbeitslohn nach Hause um 2 bis zu 4 Mal weniger Wert geworden.

Nach Einschätzung der russischen Arbeitsmarktexperten erreicht im Laufe des Jahres 2015 die Zahl der abgewanderten Arbeitnehmer aus den  postsowjetischen  Staaten  50 %. Nach Angaben des Föderalen Migrationsdiensts arbeiten jetzt in Russland 2,7 Millionen Migranten offiziell sowie ca. 3 Millionen Migranten inoffiziell.

Für Migranten wird es schwer, eine Alternative für Russland zu finden. Russland wird sich jedoch auch schwer tun, Migranten zu ersetzen. Die zu erwartende Steigerung der Arbeitslosigkeit in Russland im zweiten Vierteljahr 2015 löst dieses Problem nicht, insbesondere bei unqualifiziertem und schlechtbezahltem Job. Die beiden Seiten werden einen Kompromiss suchen müssen. Arbeitsgeber werden entscheiden müssen, entweder den Lohn für ausländische Arbeitnehmer um 10-15 % zu erhöhen oder Einheimische einzustellen, die im Vergleich zu Ausländern einen zweifachen Lohn verlangen. Einige Arbeitgeber reduzieren schon den Abstand zwischen dem Lohn von Einheimischen und Ausländern.

Fotoquelle: www.profi-forex.org

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